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www.ifs.at Seite 14 „Ich taste mit meiner linken Hand nach oben, um wieder sicheren Halt zu finden, Gott sei Dank kommt mir ein Griff in die Finger, weil ich schon spüre, wie der winzige Felsvorsprung, auf dem ich mit dem rechten Zehenballen stehe, ganz langsam unter mit zerbröselt (...) Trotz dieses erbarmungslosen Ausgesetztseins oder vielleicht gerade deswegen genieße ich meine Lage auf eine sonderbare Weise – weil ich erneut dabei bin, die Grenzen meiner Möglichkeiten weiter auszudehnen.“ So beginnt Andy Holzer sein beeindru- ckendes Buch „BalanceAkt. Blind auf die Gipfel der Welt“. Auch in seinem Vortrag schildert er diesen rückblickend betrachtet wohl extremsten Grenzgang – einen „Husarenritt“, wie er selbst sagt: Am Beginn seiner Bergsteigerkarriere klettert er im Vorstieg gemeinsam mit seiner Mutter auf die Teplitzerspitze – einen Berg, den er nur aus Erzählungen, und eine Route, die er nur aus Beschrei- bungen anderer Bergsteiger kennt. Aus diesen Erzählungen hat er sich ein Bild gemacht – ein Bild, an dem er sich ori- entiert und das er seiner sehenden Mut- ter im Laufe der Tour immer wieder be- schreibt. Er selbst erfühlt und ertastet die nächsten Tritte und Griffe am Berg. Widerstand spüren und dadurch stärker werden „Mittendrin imGeschehen versteht man oft einfach nicht,wie gefährlich das jetzt ist. Hinterher – von außen betrachtet – war es sicher ein Grenzgang, wenn auch einer, der mich weitergebracht hat.“ Andy Holzer hat seither höhere Berge erklommen, weitaus schwierigere Rou- ten gemeistert und mit seinen heutigen Fähigkeiten wäre es wohl auch damals anders gelaufen. Schon als Kind unter- nimmt Andy Holzer erste Kletterversu- che und mit 9 Jahren gemeinsam mit seinen Eltern endlich die erste Bergtour auf den Lienzer Hausberg, den Spitz- kofel. Ein völlig neues Erlebnis. Schnell merkt er, dass er in der Wand Sehenden gegenüber nicht benachteiligt ist. Seine Begeisterung ist geweckt. Vertrauen als Basis Gerade zu Beginn ist es für Holzer nicht immer leicht, geeignete Partner zu fin- den. Er ist sich bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, mit ihm in eine Felswand zu steigen. Bekannte ver- sprechen zwar immer wieder ihn mit- zunehmen, ebenso oft bleibt Andy aber enttäuscht mit gepacktem Rucksack zurück. Mit einem Freund der Familie, einem erfahrenen Bergsteiger, unternimmt er die erste richtige Seiltour. Seine Mutter traut der Sache nicht ganz und schließt sich der Seilschaft kurzerhand an. Der Kreis seiner Seilpartner wird im Laufe der Jahre immer größer. Mittler- weile ist er auch in einer doppelblinden Seilschaft mit dem US-amerikanischen Bergsteiger Erik Weihenmayer unter- wegs.„AmBergmusst du besser auf den Partner aufpassen als auf dich selbst. Nach zehn Minuten haben die meisten vergessen, dass sie mit einem Blinden unterwegs sind.“ Eine Seilschaft mit einem blinden Part- ner bedeutet nicht unbedingt mehr Gefahr, sondern kann auch mehr Si- cherheit bedeuten. „Wenn zwei Sehen- de klettern, haben sie in etwa dieselbe Wahrnehmung. Gemeinsam nehmen wir viel mehr wahr“, so Andy Holzer im Gespräch. Beispielsweise kann es sein, dass er ein Gewitter bereits hört, wenn der Himmel noch strahlend blau ist. Mit allen Sinnen Der Mensch hat fünf Sinne, Andy fehlt ein einziger. „Mir fehlen also eigentlich nur 20 Prozent der Sinneseindrücke, 80 Prozent stehen mir zur Verfügung und die nutze ich alle gleichermaßen.“ Doch ist der Sehsinn mit Abstand der wichtigste, wenn zugleich auch unzu- verlässigste. Er liefert dem Menschen 80 Prozent der Informationen, lässt sich aber auch sehr leicht täuschen. Für die restlichen vier Sinne bleiben dann nur 20 Prozent. Nicht so für Holzer. Andy „erfährt“ den Berg, indem er sich an allen möglichen Dingen orientiert. Seine vier Sinne liefern ihm zahlreiche Eindrücke. Er macht sich ein inneres Bild. Die Natur ist sein Kompass. Er ertastet den Berg, brüchiges Gelände erkennt er am Schwefelgeruch, durch Geräusche erfasst er die Beschaffenheit des Weges „Barrierefreiheit habe ich nie gelernt“ Der blinde Berufsbergsteiger Andy Holzer im Gespräch

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