ifs_zeitschrift_3-11

www.ifs.at Seite 23 Inklusion will mehr Einen anderenWeg als die Gründung vonWerkstätten konnte man sich zum damaligen Zeitpunkt nicht vorstellen. DieWerkstätten wurden zu einem flächendeckenden System entwickelt, es sind Großbetriebe mit bis zu 3.000 Plätzen entstanden. Die institutionelle Verfestigung ist, wie immer in solchen Fällen, nur schwer zurückzudrehen und Werkstätten tun sich schwer, dem In- klusionsgedanken Rechnung zu tragen. Welches sind die größten Barrieren für Inklusion in Deutschland? Wie gesagt, das Denken ist geprägt durch die Erfahrung „50 JahreWerkstät- ten“ und durch die dahinterstehende Grundüberzeugung, dass der Arbeits- markt sich nicht für Menschen mit Behinderung öffnet und dass sie zudem die pädagogische Fachlichkeit von spe- ziell ausgebildetem Personal benötigen. DieWerkstätten basieren auf dem Gedanken der lebenslangen Förderung, der sich als Inklusionsbarriere erweist. Können Sie noch etwas zur Situation in Vorarlberg sagen? Durch den Maßstab, den IfS-Spagat ge- setzt hat, haben sich die klassischen An- bieter ebenfalls weiterentwickelt und eigenständige Angebote realisiert. In Vorarlberg gibt es neben IfS-Spagat und den klassischenWerkstätten mittler­ weile ein Spektrum an unterschied- lichen Möglichkeiten zur beruflichen Teilhabe. Die Vorarlberger Landesregie- rung hat dies wohlwollend unterstützt. Diese Vielfalt anWahlmöglichkeiten ist der eigentliche Fortschritt. ● Dieter Basener seit 1981 tätig in„Werkstatt für behinderte Menschen“, Mitbegründer der Hamburger Arbeitsassistenz, des Integrationsbetriebs Bergedorfer Impuls und von EUCREA-Deutschland e.V. Immer mehr Menschen mit intellektu- eller Behinderung landen in Werkstät- ten. Dies belegt eine vom Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien durchgeführte Studie, an deren Erstellung Mag. Oliver Koenig maßgeb- lich beteiligt war. Rund 19.000 Perso- nen nahmen im Jahr 2008 einen Platz in einer der speziellen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in Anspruch. Dies sind um 29,9% mehr als noch im Jahr 2002 – obwohl sich Öster- reich per UN-Konvention dazu verpflich- tet hat, Menschen mit Behinderung den Zugang zu einem offenen und integrati- ven Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Herr Koenig, Sie haben eine Studie über den Berufseinstieg von Menschen mit Behinderungen durchgeführt.Welches sind die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie? Im Rahmen der Studie wurden erst- malig für Österreich repräsentative, quantitative Daten für den beruflichen Einstieg von Menschen mit Lernschwie- rigkeiten, die Unterstützung in arbeits- marktpolitischen Maßnahmen und die Situation inWerkstätten erhoben. Zudem wurden zwei Gruppen von Menschen mit Lernschwierigkeiten – Jugendliche im Übergang zwischen Schule und Beruf sowie Erwachsene, die bereits in Arbeitsstrukturen eingebun- den sind – über einen Zeitraum von drei Jahren begleitet. Ich persönlich habe die zweite Gruppe begleitet – mit Fokus auf das The- ma der Identität:Wie entwickelt ein Mensch, der im Laufe seiner Biographie vielfältige Behinderungs- und Ausgren- zungserfahrungen macht, eine für sich stimmige Identität?Wie kann dieser für sich einen Bezug zum Thema Arbeit herstellen, wenn ihm die Gesellschaft eine Rolle zuweist, die da heißt „für dich gibt es dieWerkstätte und sonst nichts“? Eines der wichtigsten Ergebnisse ist, dass Menschen, unabhängig davon ob sie eine Arbeit haben oder nicht, imp- lizit oder explizit denWunsch haben, als erwachsener Mensch anerkannt zu werden – mit allem was dazu gehört. Der Wunsch, als erwachsener Mensch anerkannt zu werden

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0