ifs_zeitschrift_3-11

www.ifs.at Seite 27 Diesen Wunsch erfüllten sich Bettina* und Lukas* und heirateten im vergange- nen Jahr in der Villa Claudia in Feldkirch. Das Paar wohnt gemeinsam in Feldkirch. Der Weg zur Heirat war kein einfacher. Bekannte, Verwandte, Angehörige und das Umfeld, die es alle „gut meinten“, warnten die beiden vor dem Schritt. Eltern und Angehörige stehen heute mehr als je zuvor vor der spannenden Herausforderung, die erwachsen ge- wordenen Kinder bzw. Geschwister mit besonderen Bedürfnissen und Beein- trächtigungen in deren eigenes, selbst gewähltes Leben zu entlassen. Dies ist mit zum Teil großer Angst verbunden, mit dem Gefühl verantwortlich zu sein, sollten solche „Experimente“ scheitern – oder aber auch mit der Angst vor dem Umfeld, vor Nachbarn, Menschen, wel- che die Frage stellen könnten: Kann das gut gehen? Kann man das zulassen? Menschen mit besonderen Bedürfnis- sen heiraten lassen? Wissen sie über- haupt, was sie tun? Die Gesellschaft ist gefordert Institutionen, Behörden, VermieterIn- nen, ArbeitgeberInnen, soziales Umfeld, allen voran Helfer- und Betreuungssys- teme sind gefordert, nicht länger den eingeschränkten, in seinen Möglich- keiten begrenzten Menschen zu sehen, sondern die einzigartige Person und Persönlichkeit mit speziellen Stärken, Fähigkeiten, den/die BürgerIn mit Rech- ten, Berechtigungen und Pflichten. Wir – die Gesellschaft – ist aufgefordert, sich Menschen mit völlig individuellem Förderbedarf sowie deren ebenso indi- viduellen Bedürfnissen zu stellen, die Zeit des Kategorisierens von „Behinde- rung sowie Behindertenbetreuung“ ge- hört der Vergangenheit an. Nicht nur das Schaffen bedürfnisge- rechter Wohnformen ist wichtiger Teil der Arbeit des IfS-Fundament. Auch in Bezug auf individuelle, meist ohnehin gesellschaftlich gängige Lebensformen, Wünsche und Möglichkeiten erwarten sich unsere unterschiedlichsten Klien- tInnen Unterstützung zur Angleichung an die „Normalität“, Unterstützung und Hilfestellung zur Umsetzung. Dies be- deutet für uns immer auch die Ausein- andersetzung mit inneren wie äußeren Ängsten undWiderständen. Offenheit und Respekt Diese erwachsenen Personen benöti- gen nicht pädagogische Besserwisserei in Bezug auf Ziele und Lebensführung, sondern vor allem eine Haltung der Of- fenheit, des Zutrauens, des Respekts, ein angstfreies und selbstverständliches Miteinander, das sich nicht anmaßt, in manipulierender Weise Lebensstil und Lebensführung von außen vorzugeben oder gar zu bestimmen. Unsere KlientInnen wollen nicht weiter „beschützt – bewahrt“ werden, sondern ihren persönlichen Weg gehen, durch eigene Erfahrungen reifen. Dazu gehö- ren auch schmerzhafte Rückschläge, Irr- tümer, Krisen – das Spüren eigener und auferlegter Grenzen! Krisen „erschüttern“ und werden sich immer auf den gesamten Lebensbereich auswirken. Rückschläge, Stagnation, Konflikte, Le- benskrisen müssen als wichtiger Teil menschlicher Entwicklung gesehen, ausgehalten und nicht negativ gedeu- tet oder als Misserfolg gewertet werden – bis dahingehend, Betreuung/Beratung in Frage zu stellen (nach dem Motto: „Wäre hier eine gute Begleitung,würde es dem/der Klienten/Klientin gut ge- hen.“) Wir müssen weg von diesem Denken und unsere KlientInnen endlich als Er- wachsene sehen und ernst nehmen! Es bedarf hier wie erwähnt noch eines breiten Umdenkens der gesamten Ge- sellschaft, allen voran der Fachleute, strukturgebender Institutionen, Geld- gebern, Behörden. Eltern- und Ange- hörigenarbeit mit dem Ziel, Ängste abzubauen und Vertrauen-Zutrauen zu fördern, ist unerlässlich und wird auch in Zukunft sicher ein wichtiges Thema unserer Arbeit darstellen. Heirat trotz großer Hürden Die Heirat von Bettina* und Lukas* be- deutete für die beiden zunächst eine grobe Hürde, die Ängste der Angehöri- gen beeinflussten die Vorfreude natür- lich und ließen beide öfters an der Ent- scheidung zweifeln! Die Heirat selbst wurde zum Fest, der Alltag ist nach und nach eingekehrt. Das Paar bekommt die mit der Heirat verbundenen Veränderungen zu spüren. Sie empfinden manches als Belastung, anderes als Vorteil. Beide lernen sich den Herausforderungen zu stellen, die sich durch das Zusammenleben erge- ben – so wie andere (Ehepaare) auch! ● *Name von der Redaktion geändert. ... ganz normal verheiratet sein! Wenn Menschen mit Behinderung den Bund fürs Leben schließen facts IfS-Fundament Franz-Michael-Felder-Straße 6 6845 Hohenems T 05576/73302 E fundament@ifs.at Margit Heinzle IfS-Fundament margit.heinzle@ifs.at

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