ifs_zeitschrift_3-11
www.ifs.at Seite 7 1. Grenzen durch äußere Bedingungen 2. Grenzen von Seiten der TherapeutIn- nen 3. Grenzen von Seiten der KlientInnen/ PatientInnen Grenzen durch äußere Bedingungen Ambulante Therapie, wie im IfS prakti- ziert, braucht Rahmenbedingungen.Wir bieten den äußeren Rahmen: Ort, Zeit, Verschwiegenheit. Die KlientInnen soll- ten eine gewisse Selbstständigkeit und Eigenverantwortung mitbringen. Schwere psychische Erkrankungen, wel- che den normalen Lebensvollzug nicht mehr ermöglichen und stationärer und medizinischer Behandlung bedürfen, können nicht in einem ambulanten Rahmen psychotherapeutisch behan- delt werden. Gerade durch die Komplexität man- cher Krankheit stößt eine alleinige Psy- chotherapie an ihre Grenzen: Eine Mi- schung aus ambulanter Psychotherapie, medizinisch-medikamentöser Behand- lung, wenn notwendig stationärem Aufenthalt im Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung und einer hilfreichen Alltagsstruktur (Eingebundensein in ei- ner Gruppe) ist oft der einzig praktikable Weg. Grenzen von Seiten der TherapeutInnen Ein/e TherapeutIn, der/die „alles kann“, ist kein/e gute/r TherapeutIn. Therapeu- tische Kompetenz bedeutet nämlich, seine eigenen Grenzen zu kennen, auch wenn man sie immer wieder erweitern kann. Manche Störungsbilder, z.B. Trauma- therapie, schwere psychotische und wahnhafte Störungen oder Borderli- ne-Erkrankungen, erfordern eine hohe Spezialisierung, die nur durch perma- nente Weiterbildung, Supervision und Austausch mit FachkollegInnen auf einem guten Niveau (state of the art) gehalten werden kann. Hier gilt, wie in den medizinischen Berufen auch, dass es von verantwortungsvollem Handeln zeugt, KlientInnen und PatientInnen dorthin zu bringen, wo ihnen am besten geholfen werden kann. Außerdem hat jede/r TherapeutIn aus seiner eigenen Lebensgeschichte heraus seine Stärken und Schwächen. Im Rahmen der Aus- bildung lernt man, damit umzugehen. Wo einer mit einemThema gut arbeiten kann, kommt ein anderer schnell an sei- ne Grenzen. Grenzen von Seiten der KlientInnen/ PatientInnen Auch wenn man sich unter einer Thera- pie ein Heilverfahren vorstellt, das die Krankheit, die Störung, das Leid weg- macht, so hat doch auch jedes Heilver- fahren seine Grenzen. Therapie heißt übrigens im ursprünglichen griechi- schen Wortsinn nicht Heilung, sondern Dienst, die Pflege und Begleitung von Kranken. Für die Psychotherapie gilt dieses Verständnis noch in stärkerem Maße. Denn eine vollständige Heilung, das heißt das Verschwinden eines Sym- ptoms oder der Störung, ist in man- chen Fällen nicht erreichbar. Haben hier die PatientInnen und vielleicht auch manchmal die TherapeutInnen eine zu hohe, unrealistische Erwartung, kann dies falsche Hoffnungen wecken. Die Folgen können fatal sein: Enttäuschung über den/die Therapeuten/Therapeutin, Verlust des Glaubens um die Wirksam- keit psychischer Heilmethoden bis hin zum sozialen Rückzug („Mir kann eh kei- ner helfen.“). Jedem medizinischen Heilverfahren sind Grenzen gesetzt, dies wird meist offen mit den PatientInnen besprochen. Analog ist es bei den psychotherapeu- tischen Verfahren: Die meisten psycho- therapeutischenMethoden sind in ihrer Wirksamkeit gut untersucht und ihre Wirkfaktoren nachgewiesen, allerdings innerhalb bestimmter Grenzen. Auf die- se werden die KlientInnen zu Beginn der Therapie aufmerksam gemacht. Und das bedeutet: Nicht immer kann es nur Heilung geben. Linderung der Lei- denszustände, Lernen, wie man mit sich selbst besser zurechtkommt, Verbesse- rung der eigenen Lebensqualität: Dies alles kann Psychotherapie auch leisten. Kein Mensch würde es für sinnlos an- sehen, dass mit einem Querschnittge- lähmten nicht trainiert und gearbeitet wird, damit er mit seinem Leben besser zurechtkommt, auch wenn kein Arzt die Lähmung heilen kann. Grenzen sind keine auf die Ewigkeit in Stein gemeißelten Barrieren. Grenzen sind notwendig für die Weiterentwick- lung von uns Menschen und den von Menschen kreierten Verfahren. In die- sem Sinne wünsche ich uns, dass wir die Vernunft haben, Grenzen zu akzeptie- ren, aber auch immer wieder den Mut, sie zu überschreiten. ● Dr. Peter Lissy IfS-Psychotherapie peter.lissy@ifs.at hotherapie was nicht?
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