ifs_zeitschrift_fundament_22_sonderausgabe_einzelseiten

13 nen und eine stabile, befriedigende Wohnsituation zu den wichtigsten Grundlagen zählen. Das ist der Hintergrund des heutigen Fundament. Schwierig: In den späten 1970er Jahren war die Einbettung der Arbeit für Personen mit Unterstüt- zungsbedarf in eine psychologisch-therapeutisch ausgerichtete Organisation (so das damalige ifs) nicht unumstritten. Integration und Inklusion waren damals weder in Österreich noch in Vorarl- berg selbstverständlich. Gute Speziallösungen für spezielle Gruppen und Bedarfe stellten das Mit- tel der Wahl dar. Deshalb war die Entscheidung, die „Behindertenberatung“ sowie die „berufliche und soziale Integration“ in die Leistungsbereiche des ifs zu integrieren, zugleich visionär, wie auch mutig und richtungsweisend. Die Themen „Arbeit für Menschen mit Beeinträchtigung und psychi- schen Krankheiten“ sowie „Wohnen“ etablierten sich und fanden ihren Platz im ifs. Das Fundament ist ein Beispiel dafür. Nicht vollendet: Das Thema der integrierten Spe- zialdienste (wie es das Fundament ist) versus der Integration aller Zielgruppen in generalistische Dienste (z. B. in die regionalen Sozialberatungs- stellen) ist sowohl eine fachliche (generalistische versus spezialisierte Dienste) als auch eine norma- tive Frage (integrative Angebote versus zielgrup- penspezifische Angebote). Das wurde im ifs immer wieder diskutiert. Die derzeitige Organisations- struktur der ifs Dienstleistungen ist der aktuelle Stand der Diskussionen und veranschaulicht die Überzeugung des ifs, wie Leistungen am besten angeboten werden können. Dies ist allerdings – meiner Überzeugung nach – ein Zwischenstand und noch nicht das Ziel. Die Fundamente des ifs Fundament Wohnen ist ein Grund- und Menschenrecht – auch für Menschen mit Beeinträchtigung. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, allerdings müsste man ergänzen: selbstän- diges Wohnen. Und ganz selbstverständ- lich ist dies auch ein Grundbedürfnis von Personen mit Unterstützungsbedarf. Dem würden wohl die meisten zustimmen. Wenn man aller- dings berücksichtigt, dass z. B. für Menschen mit einem hohen Betreuungsbedarf dieses „selbstän- dige“ Wohnen mit einem hohen Betreuungsauf- wand (finanziellen Aufwand) verbunden ist, dann wird die Sache schon komplexer. Im Rahmen der Kontakte mit Personen mit Unter- stützungsbedarf (insbesondere in den Ferien- und Förderfreizeiten für Menschen mit Behinderun- gen auf der Neuburg Mitte der 1970er Jahre) und in der beginnenden Arbeit der beruflichen Inte- gration waren die Bedürfnisse und die Sehnsucht vieler Betroffener nach einem eigenständigen Le- ben deutlich wahrnehmbar. Das Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Selbständigkeit zeigte sich dabei gerade im Bereich Wohnen in einer besonderen Weise. Erste Schritte hin zu einem eigenständigeren Wohnen setzte das ifs mit dem Versuch, sehr offene, auf Selbständigkeit hin ausgerichtete Wohngruppen zu etablieren (F8 in Bludenz, Bre- genz). Der Erfolg zeigte sich rasch. Die Bewohner, denen das Leben in diesen Wohngruppen gefiel, wollten mehr: ganz selbständig wohnen. So stell- ten diese Gruppen-Wohnformen einen Übergang dar, aber keine Lösung. Das selbständige Wohnen war der logische nächste Schritt. Daraus entstand dann das Fundament. Das Unmögliche ermöglichen Mutige Schritte bedürfen immer auch besonde- rer Motivation. Wie mutig das ifs war, das war dem ifs und den damals Verant- wortlichen unter der Führung von Manfred Dörler gar nicht bewusst. In den 1990er Jahren besuchten immer wieder Expertinnen und Experten, ja ganze Delegationen aus Holland, Belgien, Luxemburg usw. Vorarlberg, um vor Ort in Augenschein zu nehmen, was „die da machen“. Dies und der Kontakt mit zwei ganz besonderen Menschen in ganz besonderen Lebenslagen, Heidi G. und Gerhard R., waren Anlass, noch wei- ter zu gehen. Heidi war eine junge Frau, durch ihre Beeinträchtigung an das Bett gefesselt und auf ständige Pflege angewiesen. Sie wusste, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte. Zu Hause hatte sie alles, sorgende Eltern, eine sichere „Mutige Schritte bedürfen immer auch besonderer Motivation. Wie mutig das ifs war, das war dem ifs und den damals Verantwort- lichen unter der Führung von Manfred Dörler gar nicht bewusst.“ Ein Blick zurück „Wohnen ist ein Grund- und Menschenrecht – auch für Menschen mit Beeinträchtigung.“

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