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51 offen. Wir schlafen immer mit offenen Türen, und wenn Elvira dann laut telefoniert und das Handy auch auf Lautsprecher stellt, kann ich nicht ausschlafen. Ich schlafe gerne länger amWochen- ende. Wir haben dann darüber gesprochen und uns geeinigt, dass Elvira dann ihre Türe zu macht und ich meine anlehne. Ab und zu ist Elvira auch ein kleines Faultier. Elvira: (lacht verschmitzt) Ja, das stimmt. Das bin ich manchmal. Maria lässt oft ihre Sachen über- all liegen. Auf dem Wohnzimmertisch, auf dem Esstisch, einfach überall. Außerdem putzt sie nicht so genau wie ich, wenn wir sauber machen. Wenn wir aufstehen müssen, kommt Maria oft in mein Zimmer und weckt mich viel zu laut auf. Das mag ich nicht, aber wir haben darüber geredet und sie will sich bessern. Ich brauche in der Früh mehr Ruhe und Zeit. Was gefällt euch gut am Zusammenleben? Maria: Ich mag es, dass ich nicht ganz alleine bin. Ich muss nicht alleine aufstehen; wir können zu- sammen frühstücken und sogar gemeinsam zur Arbeit gehen. Im Wohnzimmer schauen wir ab und zu gemeinsam fern. Das gefällt mir gut. Elvira: Wir können uns die Arbeit im Haushalt auf- teilen und auch gemeinsam kochen. Wir können gemeinsam Dinge tun, aber können auch alleine sein, wenn wir wollen. Für Maria und Elvira war das WG-Leben eine ganz neue Erfahrung und beide konnten dabei für sich selbst lernen. Anhand ihrer Erfahrungen können Maria und Elvira sich nun auch andere Formen des selbständigen Wohnens vorstellen. Das Er- gebnis: Die zwei haben beschlossen ab 2022 noch einen weiteren großen Schritt zu wagen und das Wohnen ganz alleine, jede für sich, in die Hand zu nehmen. ○ * Namen von der Redaktion geändert. „Wir können uns die Arbeit im Haushalt auf- teilen und auch gemein- sam kochen. Wir können gemeinsam Dinge tun, aber können auch alleine sein, wenn wir wollen.“ Viele Menschen mit Beeinträchtigung möchten zwar selbständig leben, aber nicht alleine wohnen. Aus diesem Grund startete das ifs Fundament 2019 das Projekt „open house“. Im Rahmen der regelmä- ßig angebotenen Treffen können sich Interessierte kennenlernen, mehr über das Thema erfahren und sich austauschen. Im Zentrum steht dabei immer die Frage: Wie, wo und mit wem möchte ich wohnen? Neben dem Kennenlernen, Suchen und Finden von Interessierten wird gemeinsam erarbeitet, wel- che Vor- und Nachteile eine Wohngemeinschaft mit sich bringt: Mietvertrag, Kaution, Regeln des Zusammenlebens, Hausordnung und vieles mehr. Sobald sich zwei oder mehrere Personen gefunden haben, findet zur Klärung, Ideensuche und wei- teren Umsetzung ein persönlicher Unterstützer- kreis mit Freundinnen und Freunden sowie dem familiären Umfeld statt. Perspektiven werden entwickelt und die nächsten konkreten Schritte zur Zielerreichung geplant. Auch können Sorgen, Ängste sowie Fragen geklärt und erste Aufgaben verteilt werden. Das Interesse an open house ist groß. Ziel ist es aber, das Projekt noch bekannter zu machen, um Menschen einrichtungsunabhängig zusammen- zuführen und sie in ihrem Bestreben, selbständig zu wohnen, zu beraten, zu stärken und in der Umsetzung zu unterstützen: gelebte Inklusion von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. ○ open house open house Von der Idee zum Pilotprojekt Margit Bröll Leitung ifs Fundament margit.broell@ifs.at Samira Kern ehemalige Mitarbeiterin ifs Fundament

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