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30 Jahre ifs Patientenanwaltschaft 10 hilfe aktiv betrieben. Der Aufgeschlossenheit der Sozialabteilung im Landhaus und damit auch der Politik war es zu danken, dass bei noch günstige- ren budgetären Rahmenbedingungen dann auch die Umsetzung konsequent erfolgen konnte, und dieses Projekt vor Inkrafttreten des UbG weit vorangetrieben, für die Gruppe schwer behinder- ter Menschen zumindest in Gängen war. Hier nicht weiter ausgeführt werden kann, welche Vorbereitungen der zu entlassenden Personen noch in der Anstalt nötig waren, welche Wider- stände aufgrund von Berührungsängsten und Vorurteilen in manchen Ortschaften zu über- winden und neue Wohn- und Werkstätten für sie einzurichten waren. Vor allemmit der Lebenshilfe, aber auch der Caritas, Sozialzentren und Familien haben wir in der Übergangszeit noch engen Kon- takt gehalten. Wie Nachuntersuchungen ergaben, haben die Betroffenen von ihrer neuen Lebens- situation durchwegs profitiert (u. a. publiziert in „Wohnen und Leben nach der Enthospitalisie- rung“: G. Theunissen; A. Lingg). Es galt vor allem nachzuweisen, dass sich die Lebensqualität der Betroffenen verbessert und der Bedarf an psychi- atrischer Unterstützung abgenommen hat, in vie- len Bereichen so die Ziele einer möglichen „Norma- lisierung“ (in Schweden schon in den 60er-Jahren als sozialpolitisches Ziel beschlossen) vorangetrie- ben wurden. Chancengleichheit für alle Zu hoffen bleibt, dass auch die in Präambeln der Bundes- und Landesgesetze festgeschriebenen Vorsätze der „Chancengleichheit für alle“ (was selbstverständlich zu übersetzen ist) ernst ge- nommen werden. Die nun gemeindenah lebenden Menschen mit Beeinträchtigungen benötigen ferner – häufiger als Menschen ohne Handicaps – nun ambulante Unterstützung (ärztlich, psy- chotherapeutisch, sozial), welche gewährleistet werden muss. Den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Beeinträchtigungen im Falle not- wendiger stationärer Behandlungen in Akut- wie psychiatrischen Abteilungen ist ferner Achtung zu schenken! ○ den müssen. Bis dorthin lebten zeitweilig über 100 Menschen mit geistiger Behinderung über Jahre oder Jahrzehnte in der Anstalt – einem Umfeld, das ihren Bedürfnissen und Handicaps gewiss nicht entsprach, für das es jedoch bis dahin keine Alternativen gab. In dem sie kaum fördernden und häufig überfordernden Milieu entwickelten sie nicht selten erst recht gröbere Verhaltensauffäl- ligkeiten oder einen massiven Hospitalismus. Auch mir wurde – noch in meiner Studenten- und Ausbildungszeit – lange nicht bewusst, dass die in psychiatrischen Anstalten „asylierten“ Menschen mit Behinderung „Stiefkinder der Psychiatrie“ waren, wie sich auch die Reformer und Sozialpsy- chiater für dieses Klientel kaum einsetzten. Erst Erfahrungen im Ausland, v. a. in den Niederlanden und Italien, haben mir vor Augen geführt, dass andere Betreuungsformen möglich sind und die Betroffenen in gemeindenäheren Wohn- und Arbeitssituationen fraglos eine bessere Lebens- qualität erfahren. Enthospitalisierung in Angriff genommen So haben wir unser Vorhaben Enthospitalisie- rung schon zu Beginn der 80er-Jahre in Angriff genommen und bald gemeinsammit der Lebens- MR Dr. Albert Lingg Ehem. Primar des LKH Rankweil

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