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30 Jahre ifs Patientenanwaltschaft 28 Mag. Barbara Hinterholzer ifs Patientenanwältin, schwerpunkt- mäßig zuständig für Vertretungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bereit gewesen, das Smartphone freiwillig abzu- geben. Der Patient war zu diesem Zeitpunkt nicht untergebracht und es gibt auch keine Hin- weise darauf, dass eine akute Gefahrensituation bestand, die die Abnahme unter Zwang unbedingt notwendig gemacht hätte. Diese Maßnahme wurde für nicht zulässig erklärt. Aus der Begründung des Beschlusses des Bezirksgerichts Feldkirch: Das Recht, mit anderen Personen „fernmündlich zu verkehren“, darf nur dann eingeschränkt wer- den, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr oder zum Schutz der Rechte anderer Personen „unerlässlich“ ist und die Einschränkung zu ihrem Zweck nicht außer Verhältnis steht. Die Bestimmungen umfas- sen alle Formen der elektronischen Kommunika- tion wie Telefon, E-Mail, SMS, Fax, Skype, Video etc. Die Abnahme des Smartphones stellt auch eine Beschränkung der „sonstigen Rechte“ im Sinne des UbG dar, da es neben dem Telefonieren eine Reihe anderer Funktionen, wie Adressbuch, Kalen- der etc. beinhaltet, die dem Patienten über die Ein- schränkung des mündlichen Verkehrs nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine Beschränkung des „fernmündlichen Ver- kehrs“ und eine Beschränkung „sonstiger Rechte“ ist nur im Rahmen einer Unterbringung zulässig. Daher wurde schon aus formellen Gründen die Abnahme für nicht zulässig erklärt. Die Richterin merkte zudem an, dass „… eine Abnahme des Mobiltelefons auch im Rahmen einer Unterbringung nur zur Abwehr einer Gefahr oder zum Schutz der Rechte anderer Personen jeweils unter Einhaltung des Verhältnismä- ßigkeitsprinzips zulässig und im Sinne der Judikatur nicht rein aus diszipli- nären Gründen rechtfertigbar ist.“ Der Antrag der Patientenanwaltschaft richtete sich nicht gegen eine Regelung und Einschrän- kung der Nutzung von Smartphones und anderen Medien an sich. Es ging hier um die Frage, mit welchen Mitteln Stationsregeln und pädagogische Grenzsetzungen durchgesetzt werden dürfen. Für die Patientenanwaltschaft steht jedenfalls außer Zweifel, dass die Abnahme eines (ungefährlichen) Gegenstands gegen den Willen und mit Körperein- satz nicht angemessen ist. Meist ist es möglich, Unklarheiten oder unserer Ansicht nicht gesetzeskonformes Vorgehen mit den Verantwortlichen der jeweiligen Station im Gespräch zu klären, so dass es zu gar keiner Involvierung des Gerichts kommt. ○ 1 Sengschmied, I. /Niedermoser, a:/ Jaquemar, S. In FamZ Nr. 3 Juli 2020, S. 189. 2 Ob 14 / 14f; 2Ob 2100 / 96d. „Meist ist es möglich, Unklar- heiten oder nicht gesetzes- konformes Vorgehen mit den Verantwortlichen der jewei- ligen Station im Gespräch zu klären, so dass es zu gar kei- ner Involvierung des Gerichts kommt.“

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