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31 Behandlungsplan und Vertrauensperson eine Art Rückkoppelungssystem. Dass das nicht in jedem Fall möglich sein wird, ist auch klar, und da kommen wir zur Patientenverfügung. Einmal FU bedeutet ein erhöhtes Risiko für eine erneute FU. So funktioniert das System einfach. Deshalb macht es durchaus Sinn, dass man sich beim Austritt aus einer FU überlegt, einen Willen zu verfügen, was passieren soll, damit sich diese Drehtürgeschichte, die zudem ja auch sehr teuer ist, nicht wiederholt. Da aber bei einer FU in der Regel die Urteilsfähigkeit in Bezug auf die medi- zinische Behandlung verneint wird, vermag die Patientenverfügung bei FU rechtlich nur wenig zu bewirken. Eine abschließende Frage zur Patientenverfü- gung: Sie haben vor etwa 10 Jahren in Zusam- menarbeit mit verschiedenen Einrichtungen eine Mustervorlage erarbeitet. Was haben Sie bisher für Erfahrungen mit Patienten- verfügungen gemacht? Die Patientenverfügung ver- breitet sich sehr zögerlich, was auch in deren Natur liegt. Ich weiß nicht, ob Sie selbst eine haben. Ich meine, in meinem Alter müsste ich eine Patientenverfügung, ein Testament und eine Vor- sorgevollmacht haben. Das müsste man auch von mir erwarten, aber gemacht habe ich es natürlich noch immer nicht. Und in der Regel sind ja die Menschen erst nach einer ersten Erfahrung in der Psychiatrie in der Lage, Überlegungen anzu- stellen. Unsere Stiftung ist leider zu klein und die Ressourcen zu schwach, um die Dienstleistung Patientenverfügung den Menschen anzubieten. Die Kliniken machen das nicht oder nur vereinzelt. Zudem ist es eine Herausforderung, das gut zu machen. Die Verfügung wirkt nur, wenn sie gut gemacht ist. Und in der Regel sind die Leute nicht in der Lage, das alleine zu tun. Sie brauchen eine Fachperson, die sie dabei unterstützt. Funktionieren würde es, wenn es besser kommu- niziert werden würde und wenn – ich fantasiere jetzt – das eine Pflichtleistung des Krankenversi- cherungsgesetzes wäre, ein Recht, diese Leistung zu beziehen. Wenn die Leute einen Gutschein er- halten würden, den sie bei uns einlösen könnten. Gibt es noch etwas, das ich vergessen habe zu fragen oder das Sie noch gerne sagen möchten? Ich würde gern noch zum Euphemismus „fürsorge- rische Unterbringung“ etwas sagen. In der Schweiz gab es 2019 rund 14.000 FU pro Jahr, oft natürlich die gleichen Leute. Im Kanton Zürich rechnen wir mit 10 Unterbringungen pro Tag. 10 Menschen, die gegen ihren Willen in einer der vier psychiat- rischen Kliniken des Kantons Zürich landen, das ist meiner Meinung nach zu viel. Oft wird es damit begründet, dass es keine andere Möglichkeit gibt. Doch wir stellen klar, dass das keine Begründung für freiheitsein- schränkendeMaß- nahmen ist. Dann müssen andere Möglichkeiten geschaffen werden, um diese Zahlen zu redu- zieren, doch politisch passiert nichts. Und diese Geschichte ist wahnsinnig teuer und traumatisie- rend für die Patienten. Viele Menschen berichten in der Beratung über Traumatisierungen durch die FU. Ich sehe auch einen Widerspruch in sich selbst, wie soll man als Psychiatrie jemandem helfen kön- nen, der gar nicht hier sein will? Da fehlt doch die Grundlage einer Therapiebeziehung. Zwangsmaßnahmen – sei es Medikation, sei es Bewegungseinschränkung, sei es die FU – dürfte es in einer modernen Psychiatrie nicht mehr ge- ben, denn diese verstoßen gegen die Menschen- rechte. Und Verstöße gegen die Menschenrechte sind nicht mit Ressourcen- oder Personalknapp- heit zu legitimieren, das genügt nicht als Legitima- tion. Wenn wir hören, dass Menschen angebunden werden, meistens da es zu wenig Personal gibt – ich verstehe die Nöte und den Frust eines Pflegers, der alleine auf einer Station ist – aber das darf nicht sein. Da braucht es noch viel Arbeit. Vielen Dank für das Gespräch! ○ Zur Person Roger Staub ist Geschäftsleiter der Schweize- rischen Stiftung Pro Mente Sana. Diese vertritt seit über 40 Jahren die Interessen von psychisch be- einträchtigten Menschen und setzt sich für die psychische Ge- sundheit der Bevölkerung ein. Sie berät Betroffene, Angehörige und Fachpersonen bei psychosozialen und rechtlichen Fragen rund um psychische Krankheit und Gesundheit und engagiert sich für genesungsorientierte Projekte und Angebote. Roger Staub Geschäftsleiter der Schweizerischen Stiftung Pro Mente Sana „Zwangsmaßnahmen dürfte es in einer modernen Psychi- atrie nicht mehr geben, denn diese verstoßen gegen die Menschenrechte.“
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