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37 Maßnahmenvollzug Maßnahmenvollzug die Psychiatrie entlastet, die Gesellschaft vor einigen wenigen gefährlichen Menschen schützt und diesen durch Behand- lung und Therapie hilft. Mittlerweile stellt das Maßnahmenrecht jedoch eine Belastung für das Justizsystem dar, psychisch Erkrankte werden als Verbrecher gebrandmarkt und landen für mehrere Jahre in den Mühlen des Justizsystems. Belagszahlen imMaßnahmenvollzug Was führte zu den Problemen des Maßnahmen- vollzugs? Lag bis Anfang der 1990er Jahre die Anzahl der Untergebrachten recht konstant bei 260 Menschen, stieg danach die Anzahl rasant an. Die Anzahl der Untergebrachten nach § 21.1 stieg von 2000 bis 2020 um satte 179 Prozent. Die der Untergebrachten nach § 21.2 im selben Zeitraum um 106 Prozent. Die Kombination aus vielen Einweisungen und langjähriger Anhaltung bewirkt, dass das System mittlerweile an seine Grenzen stößt. Daher kom- men nicht mehr alle Untergebrachten in den dafür vorgesehenen Anstalten unter, sondern werden auch in der Psychiatrie aufgenommen. Gescheiterte Reformvorhaben Obwohl die Kritik an den Zuständen nicht abbricht, gab es im Zusammenhang mit dem § 21 Abs 1 StGB War der Täter zurechnungsunfähig, hat er also während der Tat sozusagen überhaupt nicht mehr gewusst, was er da eigentlich macht, kann man ihm seine Tat strafrechtlich nicht vorwer- fen. Er bekommt daher keine in Zeit oder Geld bemessene Strafe. Wenn er aber die oben aufge- zählten Voraussetzungen erfüllt, wird er gemäß § 21 Absatz 1 StGB in den Maßnahmenvollzug eingewiesen. Für diese Untergebrachten gibt es zwei Sonder- anstalten, die Justizanstalt (JA) Göllersdorf bei Wien und die Justizanstalt Asten in der Nähe von Linz. Einige Untergebrachte werden auch in foren- sisch psychiatrischen Abteilungen von Kliniken angehalten. § 21 Abs 2 StGB Ist der Täter zwar psychisch krank, ist ihm zum Zeitpunkt der Tat aber dennoch bewusst, dass er Unrecht begeht, bekommt er eine Freiheitsstrafe UND wird gemäß § 21 Absatz 2 StGB in den Maß- nahmenvollzug eingewiesen. Diese Täter haben zumeist eine Persönlichkeits- störung, unter deren Einfluss sie die Straftat begangen haben. In diese Gruppe gehören auch jene Personen, die im Volksmund als „Psycho- pathen“ oder „Soziopathen“ bezeichnet werden. Da eine derartige Erkrankung meistens mit Medi- kamenten nur sehr unzurei- chend behandelt werden kann, steht bei nach § 21 Absatz 2 Un- tergebrachten die Psychothera- pie in Form von Gesprächen im Vordergrund. Für diese Untergebrachten gibt es nur eine Sonderanstalt – die JA Mittersteig in Wien mit einer Außenstelle in Floridsdorf. Zusätzlich gibt es in „normalen“ Gefängnissen eigene Abteilungen – sogenannte Departements – in denen sie angehal- ten werden. Darunter sind die Departements in den Justizanstalten Graz-Karlau, Krems-Stein und Garsten in Oberösterreich. Schärfste Sanktionen des Strafrechts Der Maßnahmenvollzug ist die schärfste Sank- tion, die unser Strafrecht kennt. Die Insassen und Insassinnen können unbegrenzt und präven- tiv festgehalten werden. Gedacht war, dass der „Der Maßnahmenvollzug ist die schärfste Sank- tion, die unser Strafrecht kennt. Die Insassen und Insassinnen können un- begrenzt und präventiv festgehalten werden.“
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