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39 Maßnahmenvollzug treuungseinrichtungen. ImMaßnahmenvollzug sind Menschen untergebracht die einer 24-Stun- den-Betreuung bedürfen. Die haben dort nichts verloren. Wenn ein verlässliches Setting vorhanden ist, ist die Möglichkeit der bedingten Einweisung mit ent- sprechenden Weisungen zu forcieren. Dem zurechnungsunfähigen Straftäter wurde Schuldunfähigkeit attestiert. Wenn die Unterbrin- gung des zurech- nungsunfähigen Straftäters in einem forensisch- therapeutisches Zentrum erfolgt, dann muss ge- währleistet sein, dass auf das spezifische Krankheitsbild des Untergebrachten eingegangen wird und Medi- kation nur in dem Ausmaß, das der Stabilisierung bzw. Gesundung dient, verabreicht wird. Auch die Polizei muss auf diese Menschen Bedacht nehmen. Wenn z. B. ein Mensch, der unter parano- ider Schizophrenie gerade einen Schub hat, alles um ihn als Bedrohung wahrnimmt, kann man ihm nicht vermummt und mit gezücktem Gewehr entgegentreten. Damit provoziert man den Wider- stand gegen die Staatsgewalt und nimmt diesen billigend in Kauf. Patientenanwaltschaft Auch das Maßnahmenvollzugsgesetz (MVG) muss novelliert werden mit klaren Rechten der Patientinnen und Patienten sowie einer verpflichtenden Vertretung der Patienten, wie im Entwurf des MVG vorgesehen durch die Patientenanwaltschaft. Schlussbemerkung Eine zivilisierte und kultivierte Gesellschaft hat die Pflicht, kranken und verirrten Menschen die Hand helfend zu reichen. ○ Kapitalverbrechen soll es zu einer Unterbringung kommen (Freiheitsstrafe: zehn Jahre oder mehr). Terror: Die neue Regelung des Maßnahmenvoll- zugs für Terroristen ist an den schon bestehenden Maßnahmenvollzug für Rückfallstäter nach § 23 StGB angelehnt. Die Anlasstat muss demnach ein „Terrordelikt“ mit einer Verurteilung zu minde- stens 18 Monaten Freiheitsstrafe sein. Zudem ist eine schwere Vortat erforderlich mit einer Verur- teilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als zwölf Monaten und die Befürchtung, dass weitere solche Straftaten mit schweren Folgen begangen werden. Zurück zur Pressekonferenz der Frau Ministe- rin: „In Zukunft werden Personen, die eine echte Gefahr für die Gesellschaft darstellen, weiterhin zuverlässig untergebracht und betreut werden. Zugleich werden nicht gefähr- liche Personen nicht mehr im Maßnahmenvollzug unterge- bracht werden. Mit der Reform erhöhen wir die Sicherheit un- serer Gesellschaft und machen den Maßnahmenvollzug menschenrechtskonformer .“ Der Maßnahmenvollzug muss nicht menschenrechtskonfor- mer werden, es genügt, wenn das Regulativ und die Behandlung der Untergebrachten imMaßnahmenvollzug in Zukunft menschenrechtskonform sind. Forderungen und Perspektiven Es bleibt abzuwarten, was nach der Begutach- tungsphase im Parlament, angekündigt für Herbst 2021, von diesem Entwurf tatsächlich in Gesetzes- kraft erwächst. Mit Stand 1. August 2021 sind 1.351 Menschen im Maßnahmenvollzug untergebracht, es nimmt des- halb nicht Wunder, dass die Justizanstalten aus den Nähten platzen. Nun sollen 75 Mio. Euro für den Ausbau der Justizanstalt Göllersdorf, und 65 Mio. Euro für den Ausbau der Justizanstalt Asten, mit insgesamt 200 zusätzlichen Plätzen, investiert werden. Die Millionen von Göllersdorf und Asten wären vielleicht besser in eine massive Aufsto- ckung der Bettenanzahl in forensisch-psychiat- rischen Abteilungen von Kliniken investiert. Es gibt kaum und vor allem zu wenige Nachbe- Ing. Gerhard Klösch Vorstandsmitglied von RGM (Recht und Gerechtigkeit imMaßnahmenvollzug) „Der Maßnahmenvollzug muss nicht menschen- rechtskonformer wer- den, es genügt, wenn das Regulativ und die Behandlung der Unter- gebrachten im Maßnah- menvollzug in Zukunft menschenrechtskon- form sind.“ „Es gibt kaum und vor allem zu wenige Nachbetreuungs- einrichtungen. Im Maßnah- menvollzug sind Menschen untergebracht die einer 24-Stunden-Betreuung bedürfen. Die haben dort nichts verloren.“

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