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32 Jahre ifs Schuldenberatung 10 als auch betriebswirtschaftlich. Ver- und Über- schuldung können aus seiner Sicht nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr sind sie Ausdruck unseres Wirtschaftssystems. „Gäbe es die Schul- denberatung nicht, man müsste sie glatt erfinden“, meinte Kircher einmal. Er hat im Laufe der Jahre gelernt, dass es nicht die „Unvernünftigen“ sind, die Schuldenprobleme haben, vielmehr führen häufig externe Faktoren wie Arbeitslosigkeit, Scheidung und Trennung, Unfall und Krankheit zu Schuldenproblematiken. Schuldenberatung ist keine Arbeit „gegen“ die Ban- ken, sondern vielmehr „für“ die Schuldnerinnen und Schuldner. Zudemmachte Peter Kircher die Erfahrung, dass Bürgschaften tatsächlich die Exi- stenz – psychisch und physisch – zerstören kön- nen. Auch die jahrelange Forderung auf ein Recht nach einem Girokonto für alle, das seit September 2016 in Kraft ist, hätte schon viel früher umgesetzt werden sollen. Für die Zukunft rät er, noch mehr in Prävention zu investieren: „Jede vermiedene Überschuldung ist ein Gewinn – für den einzelnen und für die Gesellschaft.“ ○ 1 Dörler, Manfred/Hagen, Günter et al.: Initiative Vorarlber- ger Sozialeinrichtungen zur Änderung des Lohnpfändungs- Gesetzes und einiger Bestimmungen der Exekutionsord- nung. Feldkirch 1986. 2 Schedel, Julius: Konzept für ein Finanzberatungs- und Schuldensanierungsmodell. Feldkirch 1987. Spartengeschäftsführer für Banken und Versiche- rungen in der Wirtschaftskammer war, erinnert sich, dass die Banken beim Aufbau der ifs Schuldenberatung „nicht begeistert“ waren. Im Gegenteil, die Arbeit wurde kritisch betrachtet. Man ging davon aus, dass die Schuldenberater und -beraterinnen „nur Arbeit verursachen“. Das Schicksal der Schuldner und Schuldnerinnen wurde nicht gesehen. Wer Schulden hatte, dem wurde das als Nachlässigkeit oder gar Fahrlässigkeit zugeschrieben. Erst durch die aktive Kontaktaufnahme durch die ifs Schuldenberatung und damit die Sicherheit, dass die Schuldenberatung ein „vernünftiger“ Gesprächspartner ist, wandelte sich das Bild. Für Peter Kircher war besonders ein Gespräch zu Beginn der 1990er Jahre, das er mit Manfred Dör- ler und Peter Kopf führte, ein wichtiges „Schlüssel- erlebnis“, als es um die Rolle der Banken bei Schul- denregulierungen ging. Aus Sicht der Banken und der Wirtschaftskammer wäre es wünschenswert gewesen, wenn diese bereits beim Aufbau der Schuldenberatung miteinbezogen worden wären, um Grundlagen zu erarbeiten und Schnittstellen auszuloten. Dies wurde dann aber in der aktiven Tätigkeit nachgeholt. Mittlerweile beurteilt Peter Kircher die ifs Schul- denberatung als unverzichtbaren Bestandteil der Gesellschaft – sowohl volkswirtschaftlich „Schuldenberatung ist keine Arbeit ,gegen‘ die Banken, sondern viel- mehr ,für‘ die Schuldne- rinnen und Schuldner.“

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