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13 Die Anfänge Eines, das Schuldenberatung von Beginn an geprägt hat, war die Notwendigkeit, Haushalts- pläne von überschuldeten Personen im wahrsten Sinne des Wortes „auf den Kopf zu stellen“. Statt der Bezahlung von Strafen fürs Schwarzfahren oder der Rückführung eines häufig schon fällig gestellten Autokredites sollten existenziell not- wendige Schulden beglichen werden: Miete, Gas, Strom etc. Verschärfung der Schuldensituation Was die rechtliche Entwicklung betrifft, stellten auch für Alexander Maly die Veränderungen bei der Exekutionsordnung und der Insolvenzord- nung die wichtigsten Meilen- steine dar. Auch das Ende der Selbstbeschränkung der Banken beimWerbeverbot (1983) und die Öffnung der Drittschuldnerab- frage für alle (1986) – bis dahin konnten nur Unterhaltgläubiger beim Hauptverband der Sozial- versicherungsträger den Dritt- schuldner (= Arbeitgeber) eines Schuldners erfragen – trugen viel zur Befeuerung der Schuldensituation Privater in Österreich bei. Wer für Kredite wirbt, will auch, dass sie „gekauft“ werden. Und wer ganz ohne Mühe herausfinden kann, wo jemand arbeitet, der tut sich sehr leicht, wenn es darum geht, dieser Person bei Zahlungs- problemen eine Klage zu schicken. In Ländern, in denen diese Drittschuldnerabfrage nicht möglich ist, gibt es deutlich mehr Zurückhaltung bei der Vergaben von Privat- bzw. Konsumkrediten. Die Erhöhung des Existenzminimums in den 1990er Jahren von 3.300 Schilling (ca. 240 Euro) pro Monat auf 3.700 Schilling (ca. 270 Euro), dann auf 6.600 Schilling (ca. 480 Euro) stellte eine wich- tige Hilfe für überschuldete Menschen dar. Aber auch wenn das Existenzminimummittlerweile den Mindestpensionen in Österreich angepasst ist (ca. 950 Euro für 2019), so ist Österreich damit noch immer sehr weit von einem Existenzminimum entfernt, von demMenschen auch leben können. Wer nämlich statt einer „normalen“ Pfändung eine Unterhaltspfändung hat, dem bleiben im Jahr 2019 nur ca. 710 Euro imMonat zum Leben. Ein Blick über die Grenze nach Deutschland oder in die Schweiz würde ganz schnell aufzeigen, dass es auch anders geht. Eine weitere wesentliche Entscheidung war die Möglichkeit der Pfändung der Notstandshilfe und des Arbeitslosenentgeltes. Dies wurde bereits in den 1990er Jahren möglich und hat die Situation für arbeitslose Menschen sehr verschärft. Wird Alexander Maly nach seiner Einschätzung bezüglich der Situation in Österreich gefragt, meint dieser, dass die Gründung der asb Schuld- nerberatungen GmbH (Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich) eine ganz wichtige Entscheidung für eine möglichst einheitliche Entwicklung in Öster- reich darstellte. Dadurch war es möglich, ein ein- heitliches Qualitätssystem, für die meisten Bun- desländer ein gleiches EDV-System (JurXpert), ein gemeinsames Wording zu wesentlichen Fragen, eine abgestimmte Ausbildung für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gemeinsame Fortbildungen und eine einheitliche Statistik zu erstellen. Die Tatsache, dass neun der zehn staat- lich anerkannten Schuldenbera- tungen in der asb als Eigentümer vertreten sind, erleichtert zudem die Planung und Weiterentwick- lung. Und die Tat- sache, dass die asb als Treuhänder bei Abschöpfungsverfahren bei Privatinsolvenzen fungiert, ist ein weiterer wesentlicher Punkt eines abgestimmten Auftritts nach außen. Laut der Einschätzung Malys funktioniert die Abwicklung von Schuldenberatung in Österreich überdurchschnittlich gut. Durch die Novelle des Privatkonkurses per 1. November 2017 fiel auch der Zeitdruck weg. Ein Wermutstropfen ist aller- dings die Tatsache, dass für die Schuldner und Schuldnerinnen der Nachweis der Arbeitsplatz- suche aufwändiger geworden ist. Hier bedarf es noch einer Nachschärfung in der Abwicklung von Privatinsolvenzen. Start der ifs Schuldenberatung Am 1. Februar 1988 nahm die ifs Schuldenbe- ratung ihre Tätigkeit auf und wurde anfangs argwöhnisch von Banken, Politikern oder den Kollegen und Kolleginnen aus den verschiedenen sozialen Einrichtungen beäugt. Es gab nicht nur Lob und Anerkennung, sondern auch Kritik und Widerstand. „Auch das Ende der Selbst- beschränkung der Banken beim Werbeverbot und die Öffnung der Drittschuldner- abfrage für alle trugen viel zur Befeuerung der Schulden- situation Privater in Öster- reich bei.“ „Da es wenig Wissen darüber gab, wie Schul- denberatung ,richtig‘ gemacht wird, musste vieles durch ,Learning by doing‘ entwickelt werden.“

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