ifs_zeitschrift_sb_20

23 Geschichte und Geschichten der Nationalratsabgeordnete Walter Guggenber- ger (SPÖ) an den damaligen Justizminister Niko- laus Michalek (parteifrei). Ein wichtiger Schritt aus den Bundesländern folgte am 4. April 1991 vom damaligen Vorarlberger Soziallandesrat Fredy Mayer. Dieser schrieb an den damaligen Konsumentenmi- nister Harald Ettl eine Punktation mit folgendem Inhalt: - Zur Exekutionsordnung (EO) forderte er das Schweizer Modell der Pfändungen. Es sollte einen besonderen Schutz des Wohnraums enthalten und Unterhaltsexekutionen sollten wegfallen. - Zum Insolvenzrecht forderte er ein Schuldenre- gulierungsverfahren ohne Zugangshürden und eine Entschuldung ohne Mindestquote. - Zum Konsumentenschutz bei Kreditgewährung forderte er den Schutz bei Ratengeschäften, eine zentrale Meldestelle von Kredit- und Versandhan- del, eine klare „Preisauszeichnung“ von Krediten sowie eindeutige Informationen über die Rechts- folgen von Bürgschaften. - Ebenso forderte er den Ausbau von Schuldenberatungsstellen. Am 10. April 1991 wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Entwicklung und Vorbereitung eines Schuldenregulierungsverfahrens eingerich- tet, zu der auch Alexander Maly von der Schuld- nerberatung Wien eingeladen wurde. Medialer Theaterdonner Diese Aktivitäten waren einigen ein Dorn im Auge. So hieß es im „Trend“ vom Oktober 1992: „Das neue Gesetz ist nichts anderes als legali- sierter Betrug an den Banken“ (René Alfons Haiden, BA- Generaldirektor). Und ein anderer, namentlich nicht genannter Spit- zenbanker in der- selben Ausgabe des „Trend“: „Das Ganze ist eine Riesensauerei!“ Auch der Kreditschutzverband von 1870 monierte vor Beginn des Schuldenregulierungsverfahrens etwas pikiert: „Das Gesetz wird angesichts der 180 Bezirksgerichte in Österreich nicht zu vollziehen sein.“ Schuldenberatung ist eine Disziplin der Sozialen Arbeit, in der sehr viele rechtliche Materien zur Anwendung kommen. Im Folgenden findet sich eine Auflistung der wichtigsten Entwicklungen der vergangenen 30 Jahre. 1991 – Exekutionsordnungs (EO)-Novelle: Völlige Neuregelung Lohnpfändung und Existenzmini- mum; Bericht des Justizausschusses dazu unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XVIII/ I/I_00261/imfname_260780.pdf 1993 – Konkursordnungs (KO)-Novelle: Schulden- regulierungsverfahren wird ab 01.01.1995 kommen. 1994 – Insolvenzänderungsgesetz: Änderung der Quorren bei Abstimmung, Hälfte der Köpfe nötig. KO wird novelliert ehe sie in Kraft getreten ist. 1995 – EO-Novelle: Vereinfachtes Bewilligungsver- fahren, Fahrnisexekution wird zur Gänze an den Gerichtsvollzieher übertragen. 1997 – Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG): Abschaffung des Präsenzquorums und des Erfor- dernisses der Gläubigermehrheit 1998 – Insolvenzverwalter-Entlohnungs-Gesetz: Mindestentlohnung 10.500 Schilling für InsV, Belohnung für Gläubigerschutzverbände 2000 – KO-Novelle: Verständigungspflicht vom Bezugsende für Drittschuldner an den Gläubiger 2000 – KO-Novelle: Eröffnungen in der Edikts- datei statt Wiener Zeitung (Anlaufkosten deutlich reduziert) 2001 – Zivilprozessordnungs (ZPO)-Novelle: Ausweitung des Mahnverfahrens auf Gerichtshof-Verfahren 2001 – EURO-Justiz-Begleitgesetz: Anpassung ExMin an Ausgleichszulagen-Richtsatz; Neurege- lung Abfertigungs-Pfändung „Die Notwendigkeit nachhaltiger Schulden- lösungen war zu Beginn der 1990er Jahre bewusst, deren Ausgestaltung jedoch noch lange nicht klar.“ (Nur) für rechtlich Interessierte und Versierte 30 Jahre im Überblick Fa tbox

RkJQdWJsaXNoZXIy NTQ2MDY0