ifs_zeitschrift_sb_20

32 Jahre ifs Schuldenberatung 62 Recht soll Recht werden Damit Menschen mit Schuldenproblemen nicht an den Rand einer menschenwürdigen Existenz gedrängt werden – oder gar darüber hinaus –, bedarf es einer angepassten materiellen und finanziellen Ausstattung. Die Erhöhung des Exi- stenzminimums – oder ein Pfändungsmodell nach Schweizer Vorbild – sowie die Anrechnung von Kindern nach ihren tatsächlichen Kosten sind dringend notwendig. Existenzminimum? Immer noch hinkt Österreich beim Existenz- minimum nach. Es liegt hierzulande bei ca. 900 Euro, während es in Deutschland mehr als 1.150 Euro beträgt. Aber auch Kin- der sind dort mehr wert. In Österreich werden für ein unterhaltsbe- rechtigtes Kind etwa 180 Euro berücksichtigt, in Deutschland dagegen mehr als 420 Euro. Kann es wirklich sein, dass Kinder im benachbarten Deutschland um so viel mehr wert sind? Der späte Fluch einer Selbstständigkeit Selbstständige, die nach einer gescheiterten Geschäftstätigkeit meist mit hohen Schulden konfrontiert sind, können den Großteil dieser Schulden mit einer Privatinsolvenz wenigstens soweit regeln, dass sie sich darüber hinaussehen. Privatinsolvenz müsste in vielen Fällen aber nicht sein, wenn die Sozialversicherungsträger gesetzlich nicht derart gebunden wären, dass sie außergerichtlichen Lösungen nicht zustimmen dürfen. Das verhindert schnelle und häufig sinn- volle Lösungen und ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Abwicklung von Privatinsolvenzen Bei der Abwicklung von Privatinsolvenzen wird es noch mehr „Automatisierung“ geben, um dem in den nächsten Jahren steigenden Zustrom von überschuldeten Klientinnen und Klienten Herr zu werden. Abschaffung Bargeld Trotz guter Präventionsarbeit wird es nicht möglich sein, dass alle Menschen einen guten verantwortlich. Hohe Anschaffungskosten bedin- gen hohe Kredite. Die Laufzeiten dafür müssen verlängert werden. Wer heute mit 35 Jahren einen Kredit mit einer Laufzeit von 35 oder 40 Jahren aufnimmt, wird sich schwertun, diesen bis zum Pensionsantritt und der damit in allen Fällen ver- bundenen Einkommensreduktion zurückbezahlt zu haben. Es sei denn, das Pensionsalter wird auf 75 Jahre erhöht werden… Höhere Lebenserwartungen, dadurch im Alter steigende Kosten für Gesundheit und Pflege tragen ein Übriges zu dieser Entwicklung bei. Zuwanderung wirkt sich (erst) in einigen Jahrzehnten aus Die starke Zuwanderung von Men- schen, die in ihrem Lebenslauf nur bedingt Pensionsansprüche erwerben können, wird sich mit geringen Pensionen für diese Personengruppe aus- wirken. Ein Leben auf Pump wird dann nicht mehr möglich sein. Und wenn bei Pensionsantritt schon Schulden vorhanden sind, dann wird es mit der Rückzahlung sehr problematisch werden. In diesem Sinne wird eine generell zu befürcht- ende Altersarmut auch für die Schuldenberatung eine große Herausforderung darstellen – betroffen werden in Österreich geborene (vor allem Frauen) und zugewanderte Personen gleichermaßen sein. Mehr Geld für Schuldenprävention Um gegenzusteuern müssen die Bemühungen um Schuldenprävention stark erhöht werden. Wenn heute bei den 11-/12-Jährigen angesetzt wird, muss dieses Alter zukünftig herabgesetzt werden. Volk- schulkinder und – noch besser – Kinder im Kinder- gartenalter sollten mit Präventionsangeboten in Kontakt kommen. Eine interessante Schweizer Initiative, der Jugend- lohn (www.jugendlohn.ch ), würde ein weiteres Tool bieten, um junge Leute ab 12 auf ein selbstver- antwortliches Geldleben vorzubereiten. Mehr Geld für die Arbeit der Schuldenberatung Die Probleme im Zusammenhang mit Schulden werden auch in den nächsten Jahren nicht gerin- ger werden. Um fundiert und nachhaltig helfen zu können, braucht es auch in Zukunft eine gut ausgestattete Schuldenberatung. Hier zu sparen, bedeutet Probleme zu vergrößern anstatt sie zu lösen. „Wer heute mit 35 Jahren einen Kredit mit einer Laufzeit von 35 oder 40 Jahren aufnimmt, wird sich schwertun, diesen bis zum Pensionsantritt und der damit in allen Fällen verbundenen Einkommensreduktion zurückbezahlt zu haben.“ „Die Erhöhung des Existenz- minimums – oder ein Pfän- dungsmodell nach Schweizer Vorbild – sowie die Anrech- nung von Kindern nach ihren tatsächlichen Kosten sind dringend notwendig.“

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