ifs_zeitschrift_sib_jubilaeum_16

15 Jubiläum 2016 Fortbildungen, Teamsitzungen, Supervisionen und ineinandergreifende Betreuung statt. Ent- scheidend war dabei, die entwicklungsorientierte und strukturfördernde Haltung auch weiterhin fortzuführen. In der eigenen Wohnung Anfänglich benötigte Max noch sehr viel Beglei- tung und Unterstützung in der eigenen Wohnung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Funda- ment und von „all_tag“ bemühten sich jeweils um besondere Lösungen, die dem Entwicklungsstand von Max gerecht wurden. Zeiten des Alleinseins waren ihm zunächst noch unangenehm und für ihn schwierig. Ebenso verhielt es sich mit Kon- takten zu fremden Menschen und der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Nach etwa anderthalb Jahren stellte sich heraus, dass Max dem strukturierten Gruppenangebot der aqua mühle bereits entwachsen war und sich eine individuelle Arbeit im direkten Wohnumfeld wünschte. Aus diesem Grund wurde das damalige „Therapeutische Atelier“ des SIB zur Übergangs- lösung, damit auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Arbeitsassistenzangebotes ifs Spa- gat der Wissens- und Methodentransfer gewähr- leistet werden konnte. In der Folge arbeitete Max über drei Jahre hin- weg mehrere Vormittage pro Woche an verschie- denen Stellen. Dieser Lebensbereich zeigte sich jedoch als sehr störungsanfällig. In demMaße, wie die Verselbständigung imWohnumfeld und in der Freizeit zunahm, sank die benötigte (kom- pensatorische) Lebenskraft in der Arbeit. Die Arbeitsas- sistenten, Kollegen und Max bemühten sich zwar um ein gutes Einvernehmen, mussten aber ein- sehen, dass eine Integration am offenen Arbeits- markt zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war. Nachdem sich die Krisen bedrohlich häuften, wurde eine Lösung in einem beschäftigungsthera- peutisch orientierten Setting gefunden. Bei zwei wöchentlichen Terminen konnte Max individuelle, sinnstiftende Beschäftigung ohne Überforderung erleben und sich weiter stabilisieren. Auf eigenen Wunsch besuchte er Kurse an der VHS und bildete sich dort für seine Zukunft weiter. Inzwischen kann sich Max seine Kräfte besser einteilen. Er versteht, dass Arbeit zwar gesellschaftlich hoch Behinderung hat und auch psychiatrische Auffäl- ligkeiten zeigte, entschieden sich die Beteiligten, den Entwicklungsressourcen den Vorzug zu geben. So kam es zu einer Aufnahme im SIB. Innerhalb der einjährigen Betreuung sollte Max die Mög- lichkeit zur Nachreifung gege- ben werden. Das Erleben von respektvollem Umgang, verläss- lichen Vertrauensbeziehungen und adäquater Kommunikation sollte ihm das Rüstzeug für eine anschließende Verselbständigung geben. Eine gewagte Theo- rie nach einem bisherigen Leben in stationärer Vollbetreuung. Am Anfang der Begleitung durch das SIB wurde Max durch die kleinsten Forderungen und Fru- strationen sofort unsicher und fragil. Die Gefahr von Impulsdurchbrüchen mit Aggressionen und Gewaltübergriffen war etwa noch ein halbes Jahr nach Beginn der SIB-Betreuung in der Gegenüber- tragung spürbar. Beobachtbar war ein einerseits extrem zurückhaltender und sich zurückziehen- der junger Mann, andererseits zeigte er sich gren- zenlos – bedingt dadurch, dass er sich selbst keine Grenzen setzen konnte. Sich selbst kaum zu spü- ren bedeutete gleichzeitig, keinen Bezug zu ande- ren Menschen herstellen zu können, Beziehung zu verhindern und damit keine Bindung eingehen zu können. Sich gesehen und akzeptiert fühlen 2007 war die Lieblingsbeschäftigung von Max am Boden zu sitzen, Musik zu hören und dabei in sei- ner Welt zu versinken. Im Betreuungskontext ging es nicht darum, ihn aus seiner Welt „herauszuho- len“, sondern ihn da sein zu lassen, sich dazu zu setzen, mit ihm über die Texte zu sprechen: Was sie ihm bedeuten, was es mit ihm zu tun hat, wie er sich fühlt. Echtes Ringen um das Verstehen des anderen, Benennen von Gefühlen, dialogische Sprache und feinfühlige Interaktion führten da- zu, dass er sich gesehen und akzeptiert fühlte, sich die Begegnungen entspannten und zunehmend Beziehung und Bindungsqualität entstand. Gegen Ende der zeitlich begrenzten Betreuung wurde eine Wohnung im gewohnten Sozialraum gesucht und der Übergang zur ambulanten Wohn- betreuung des ifs Fundament geschaffen. Für die Tagesbetreuung konnte das Angebot „all_tag“ der aqua mühle frastanz gewonnen werden. Über mehrere Monate hinweg fanden gemeinsame „Auf eigenen Wunsch be- suchte er Kurse an der VHS und bildete sich dort für seine Zukunft weiter.“ „Innerhalb der einjäh- rigen Betreuung sollte Max die Möglichkeit zur Nachreifung gegeben werden.“

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