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17 Jubiläum 2016 Heilung durch Beziehung Wissenschaftliche Grundlagen und Besonderheiten der Beziehungsarbeit Störungen) behandelt werden können. Im vor- liegenden Artikel werden die Ergebnisse dieser Forschung vorgestellt. Hierzu wird eingangs die wissenschaftliche Grundlage für die heilsame Wirkung von Beziehungsarbeit dargelegt und in einem zweiten Schritt werden die Besonderheiten dieser Beziehungsgestaltung herausgearbeitet. Berücksichtigt man die neuesten Ergebnisse aus den Gebieten der Traumatologie, der Bindungsthe- orie sowie der Resilienzforschung, so bleibt fest- zuhalten, dass sich der Schutzfaktor der „sicheren Bindung“ in Bezug auf das resiliente 1 Verhalten nach einer traumatisch wirkenden Kindheit 2 äußerst positiv auswirkt (vgl. Pianta et al. 2007: 193f.). So schreiben auch Dornes (2007: 107) und Cohen (2000: 501f.), dass das Vorhandensein einer sicheren Beziehung zu mindestens einer primären Bezugsperson einer der wesentlichsten Schutzfak- toren für die gesamte Entwicklung von Trauma- opfern darstellt. 3 Empirisch untermauert wurde diese Hypothese durch die „Kauai-Längsschnitt- studie“, die von Werner und Smith (2001) durchge- führt wurde. Die Autoren konnten belegen, dass die resilienten Kinder schon früh über zumindest eine primäre Bindungsperson verfügten, die die Kinder auf ihrem Lebensweg begleitete und ihnen schützend zur Seite stand (vgl. Werner 2010: 34f.). Kegan (1986) betont, dass es sich bei der menschli- chen Persönlichkeitsentwicklung nicht um einen statischen, sondern einen lebenslangen, dynami- schen Entwicklungsprozess handelt und Menschen daher über den Faktor der sicheren Bindung nicht nur von schweren Folgen einer Traumatisierung geschützt, sondern letztlich über diese Bindung auch heil 4 werden können. Somit sieht auch Kegan zwischenmenschliche Beziehungen als den zen- tralen Schlüssel für die menschliche Entwicklung an. Gemäß seiner Theorie entnimmt der Mensch aus den Verbindungen zu anderen Menschen nicht nur neue Erfahrungen, sondern spricht selber aus diesen Verbindungen heraus. Kegan geht davon Der Verfasser dieses Artikels war zwei Jahre lang Teil des multiprofessionellen Teams der Sozialpsy- chiatrischen Intensivbetreuung (SIB) und arbei- tete als diplomierter psychiatrischer Gesund- heits- und Krankenpfleger imModul „Leben und Wohnen“. Er erhielt dadurch einen umfassenden Einblick in diese einzigartige Beziehungsarbeit. Im Rahmen seiner Masterarbeit versuchte er die Frage zu beantworten, wie über die bewusste Gestaltung von Beziehung das Phänomen der Bindungsstörung und die Folgen von trauma- tischen Kindheitserlebnissen (u. a. Ich-Struktur-

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