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39 Jubiläum 2016 Renate Hämmerle-Pfister ifs SIB Einzelbetreuung 4. Grundmotivation Ich bin da – wofür soll ich da sein? Kann ich in meinem Leben einen Sinn sehen? „Der Kampf ums Dasein, um den Wert des Lebens und um die Behauptung der Eigenständigkeit der Person bilden die Voraussetzung für erfüllte Existenz. In der Sinnsuche erfährt dieses Streben schließlich seine Abrundung, wenn der Mensch sich in größeren Zusammenhängen findet und in ihrem Horizont sein Leben vollzieht“ (Längle 1992: 19). Bedeutend erscheinen in diesem Zusammenhang besonders die ersten drei Grundmotivationen. Es geht um die Frage, ob genügend Raum, Schutz, Halt, aber auch Nähe, Zeit und Beziehung erlebbar sind (Bindung), damit das Eigene verwirklicht, die individuellen Erfahrungen gemacht werden kön- nen (Exploration). Das Bedürfnis nach Verbundenheit und Wachs- tum scheint ein zentraler Aspekt des menschli- chen Lebens zu sein und charakterisiert sowohl das Gemeinsame als auch das Individuelle der Per- son, unabhängig davon, ob wir es nun Bindungs- und Explorationsverhalten, Liebe und Freiheit oder Grundmotivationen nennen mögen. ○ Literaturhinweis: Bauer, Joachim (2007): Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern. Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag. Bauer, Joachim (2006): Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegel- neurone. München: Heyne Verlag. Bowlby, John (2010): Frühe Bindung und kindliche Entwick- lung. München: Ernst Reinhardt Verlag. Brisch, Karl Heinz (2015): Bindungsstörungen. Von der Bin- dungstheorie zur Therapie. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag. Hüther, Gerald (2012): Die Freiheit ist ein Kind der Liebe. Freiburg im Breisgau: Kreuz Verlag. Längle, Alfried (1992): Was bewegt den Menschen? Die exi- stentielle Motivation der Person. Vortrag aus Anlass der Jahrestagung der GLE, gehalten am 3. April 1992 in Zug. In: http://www.webaholics.at/userfile/doc/GM-1999.pdf (19.09.2016). Längle, Alfried (2013): Lehrbuch zur Existenzanalyse. Grundlagen. Wien: facultas.wuv. Integrative Therapeu- tische Tagesgestaltung Warum hinter der gleichen Haltung nicht die gleichen Leistungsangebote stehen müssen. Für einen Säugling kann im Prinzip jeder Mensch zur Bindungsperson werden. Ein Säugling macht es erwachsenen Menschen leicht, sich in jeder Hin- sicht für dessen Überleben einzusetzen, ist der kleine Mensch doch der Inbegriff von Bedürftig- keit: niedlich, zart, klein und offensichtlich von der Umsorgung erwachsener (Bindungs-)Perso- nen abhängig. Ältere, auffällige und teilweise sehr aggressiv auftretende Kinder und Jugendliche machen es Erwachsenen wesentlich schwerer, diese Rolle der Bindungsperson, des Umsorgers einzunehmen. In der Integrativen Therapeutischen Tagesgestal- tung und im Teilbetreuten Wohnen werden junge Menschen, die sich oft in schwierigen Lebenssitu- ationen befinden, aber dennoch im Elternhaus, in einer anderen Wohneinrichtung oder in den eige- nen vier Wänden leben und dort ihren Lebensmit- telpunkt haben, ambulant begleitet. Einige dieser Klientinnen und Klienten haben bereits einen lan- gen Weg durch verschiedene Helfersysteme durch- laufen, bei anderen aber traten erst im späten Ju- gendalter oder beim jungen Erwachsenen Verhal- tensmuster auf, die eine intensivere Begleitung notwendig werden lassen. Oftmals steht auch hier eine Bindungs- und Entwicklungsstörung als Ur- sache im Hintergrund. Individuell ausgerichtete Begleitung Die ambulante Begleitung durch das SIB ist immer dann sinnvoll, wenn der Unterstützungsbedarf zielgerichtet für zumeist einen Lebensbereich (Beschäftigung, selbständiges Wohnen, akute Krisen) als ausreichend erscheint. Die Begleitung erfolgt ausgerichtet an der jeweiligen Lebenssi- tuation und Persönlichkeit des jungen Menschen. ZumMenschen zu gehen (vom Bregenzer Wald bis zumMontafon), in seine Lebenswelt einzutauchen, zu beobachten, zu verstehen und bereit zu sein, immer wieder neue Wege an der Seite der Klien- tinnen und Klienten zu suchen sowie Netzwerke zu bauen, ist die fortwährende Aufgabe.

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