ifs_zeitschrift_sib_jubilaeum_16

41 Jubiläum 2016 ierlich und wiederholbar, gekennzeichnet von Feinfühligkeit, dialogischer Sprache, prompter Wahrnehmung und korrekter Interpretation der Beziehungssignale, werden Affekte vom Betreuer in Worte gefasst, geben feinfühlige, respektvolle Berührungen sowie Körperkontakt den gesuchten Schutz und Halt, so ändert sich langsam das bin- dungsgestörte Verhalten und es entsteht auch auf der neurobiologischen Ebene ein neues inneres Arbeitsmodell von Bindung. Auf diese Weise kann eine Entwicklung von der Bindungsstörung zur Bindungsdesorganisation und später zur unsi- cheren bis sicheren Bindung unterstützt werden, auch wenn dieser Prozess lange Zeit in Anspruch nimmt. Aber jede noch so kleine Veränderung in Richtung Bindungssicherheit wäre ein Riesen- gewinn für das Lernen, für Entwicklung und für Beziehungsfähigkeit des Menschen. Sozusagen „ganz nebenher“ werden dabei Fähigkeiten und Fertigkeiten im Hinblick auf Beschäftigung und/ oder Verselbständigung erweitert. Aufgrund der notwendigen großen Mobilität und Flexibilität bei begrenzter Stundenanzahl werden diese Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern oft als besonders herausfordernd angesehen – und dennoch gelingt es diesen immer wieder, dass die jungen Menschen durch die pädagogische, bindungsorientierte Arbeit neue Erfahrungen machen können, die nicht die alten traumatischen Muster wiederholen. Manchmal braucht es für eine gelingende bindungsorientierte Begleitung einen „Türöffner“, eine besondere Situation, die es dem jungen Menschen erlaubt, in diese Form neuer Erfahrungen eintauchen zu können (vgl. Brisch/ Hellbrügge 2010, 2007). ○ Literaturhinweis: Brisch, Karl Heinz/Hellbrügge, Theodor (2010): Bindung, Angst und Aggression. Theorie, Therapie und Prävention. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag. Brisch, Karl Heinz/Hellbrügge, Theodor (2007): Kinder ohne Bindung. Stuttgart: Klett-Cotta Verlag. Mit sicherem Halt! Wir waren zu zweit und wir hatten viel Zeit. Nichts war zu tun, nichts musste sein. Die Sonne wärmte uns am Tag, nachts boten die Zelte uns Schutz. Am offenen Feuer bereiteten wir uns unseren Kaffee zu und am Abend legten wir unsere Grill- würste auf den Rost. Dazwischen war Zeit. Kein Wecker klingelte amMorgen, sondern die ersten oder auch zweiten Sonnenstrahlen des Tages rie- fen uns heraus. Kein Bus oder Zug brachte uns zu einem Einsatzort. Wir gingen zu Fuß, wann immer wir wollten und wohin wir wollten. Kein Abschal- ten nach getaner Arbeit war nötig, sondern ein Ausschalten. Gedanken an das, was war, was viel- leicht sein wird. Einfach nur tun, auf was wir Lust hatten, das war nicht leicht. Keine erneute Aufregung drängte sich uns auf, keine Ablenkung, sondern die Ruhe kam zu uns. Wir waren zu zweit und hatten ein Ziel. Haltfin- den auf glattem Untergrund. Vertrauen fassen, in das, was ist. Am Abend legte sich jeder müde in seinen Schlaf- sack. Der intensive Kontakt und die uneingeschränk- te Aufmerksamkeit trugen ihren Teil dazu bei. Hier, wo wir uns nach der Sonne richteten, hatten wir unsere Struktur gefunden. Eine Basis, auf die wir bauen konnten. Und das Schöne daran, du und ich haben sie gestaltet. Wir waren zu zweit und da war noch so viel mehr zu entdecken: Wenn ich einen verlässlichen Partner an meiner Seite habe, ist es möglich, das Leben so zu nehmen, wie es kommt. Dann kann ich auch die schönen Dinge, die rundherum auf mich einwirken, wahrnehmen und auskosten. Mein Begleiter half mir dabei, mich und mein Ziele wiederzufinden, wenn ich doch mal abdriftete. Ein Begleiter, der mir dabei half, mir und anderen die richtigen Fragen zu stellen, wenn ich über das Ziel hinausschoss. Wir waren zu zweit und wir hatten viel Zeit. Ent- spannte Tage in der Natur führten mich ein Stück näher zu mir. Ich fühlte den Boden unter mir und sah die Sterne über mir. ○ Susan Dein-Koch Leiterin ifs SIB Integrative Therapeutische Tagesgestaltung Hans-Peter Pirker ifs SIB Integrative Therapeutische Tagesgestaltung

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