ifs_zeitschrift_sib_jubilaeum_16

5 Jubiläum 2016 desto größer die Herausforderung. Der österrei- chische Psychoanalytiker Sigmund Freud hat uns gelehrt, dass das Bewusstsein dabei nur ein kleiner heller Fleck im Dunkel des Unbewussten ist, die bewusste sprachliche Interaktion umgeben von einem nicht einsehbaren Umfeld unbewuss- ten Austauschs. Psychiatrie und Psychotherapie haben sich leider schon kurz nach ihrer Erfindung vor rund 200 Jahren getrennt entwickelt und gegenseitig oft genug madig gemacht; das wirkt bis heute nach. Die Psychiatrie suchte die Anerkennung als Teil der naturwissenschaftlichen Medizin, ließ für psy- chische Krankheiten erst einmal nur organische bzw. genetische Ursachen gelten und hielt Psycho- therapie lange Zeit für sinnlos oder schädlich. Die Psychotherapie entsprang naturphilosophischen Nach einer Definition des Schweizer Psychiaters Christian Müller aus dem Jahre 1972 ist Psycho- therapie „das Vorgehen des Arztes oder seiner Hilfs- kräfte, das einem seelisch kranken Menschen die Möglichkeit bietet, sein krankhaftes ‚anders‘ Sein im persönlichen Kontakt mittels eines verbalen oder präverbalen Austausches zu wandeln.“ Die Rede von dem Arzt und seinen Hilfskräften ist inzwischen überholt, aber abgesehen davon trifft dieses Zitat den Kern psychotherapeutischer Ar- beit: Es geht um die positive Beeinflussung krank- heitsbedingter Andersartigkeit durch eine kundig gestaltete persönliche Beziehung zwischen dem erkrankten Menschen und einer therapeutischen Fachkraft. Auf deren Seite erfordert das eine be- sondere Fähigkeit und Bereitschaft zum Dialog mit einer Person, deren Dialogfähigkeit einge- schränkt ist – je stärker die Einschränkungen, Psychotherapie in der Sozialpsychiatrie als Zumutung und Ermutigung Ein Beitrag von Dr. med. Hermann Elgeti, externer Berater des Landes Vorarlberg – Fachbereich Sozialpsychiatrie

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