ifs_zeitschrift_sib_jubilaeum_16

10 Jahre SIB 6 zierter Fachkräfte im Einzelkontakt sehr hoch. Als mir vor zehn Jahren das Projekt vorgestellt wurde, war ich voller Bewunderung für diesen aus meiner Sicht konzeptionell gut fundierten und engagiert vertretenen Ansatz. Er hatte gewisse Ähnlichkeiten zum sogenannten Soteria-Konzept des „Dabei sein“ in der sta- tionären Akutbehandlung psychotisch erkrankter Menschen, das erstmals der US-amerikanische Psychi- ater Loren Mosher in den 1970er Jahren erprobt hat. Aus eigener Erfahrung kenne ich den Wert psychoanalytischer Sichtweisen für die Psychosenpsychotherapie. Ich war allerdings auch skeptisch, ob die eingesetzten Fachkräfte das durchhalten würden und ob bei dieser Patienten- gruppe eine nachhaltige Stärkung der intrapsy- chischen Strukturen in nur zwei Jahren gelingen könnte. Der Verlauf dieses Projekts macht Mut: - Auch wenn nicht bei allen betreuten Menschen das angestrebte Ziel erreicht werden konnte, ging doch die Mehrzahl von ihnen gestärkt und stabi- lisiert daraus hervor – eine Ermutigung für die Betroffenen und ihre Helfer! - Fachkräfte, Projektleitung und Einrichtungs- träger haben trotz großer Belastungen durchge- halten und aus den Erfahrungen gelernt – eine Ermutigung für alle, die etwas Neues wagen wollen! - Die Zusammenarbeit mit den Systempartnern der Regelversorgung hat sich verbessert – eine Ermutigung für alle, denen die Integration von Sozialpsychiatrie und Psychotherapie am Her- zen liegt! Dieses Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zu einer gemeindepsychiatrischen Versorgung, die der Emanzipation und Inklusion psychisch erkrankter Menschen verpflichtet ist. Auf die- semWeg sollte es weiter gehen, stets mit einem auch kritischen und selbstkritischen Blick auf das, was wir erreicht haben. Ich wünsche weiter- hin viel Erfolg! ○ Ideen und scheute sich vor den Herausforde- rungen durch chronisch und schwer psychisch beeinträchtigte Menschen, die ins soziale Abseits geraten waren. Deren meist ziemlich hoffnungs- lose Lage zum Besseren zu wenden, ist seit etwa 50 Jahren das Hauptanliegen der Sozialpsychiat- rie. Manche sozialpsychiatrische Aktivisten haben dabei das Ressentiment der biologischen Psychiat- rie gegenüber der Psychotherapie auch selbst noch eine ganze Weile gepflegt. Auf der anderen Seite arbeiten die meisten psychotherapeutischen Fach- kräfte heute noch am liebsten in der Einzelpraxis mit Patientinnen und Patienten, die ihre Proble- me gut verbalisieren können, sich anständig be- nehmen und die Gesprächstermine zuverlässig einhalten. Und da wagt in Vorarlberg ein Träger psychothe- rapeutischer Leistungen eine sozialpsychiatrische Intensivbetreuung bei Menschen, an denen sich sowohl die psychiatrische Klinik als auch Regel- angebote sozialpsychiatrischer Integrationshilfen die Zähne ausgebissen haben. Im Auftrag des Am- tes der Vorarlberger Landesregierung ent- wickelt er ein Kon- zept für Jugendliche und junge Erwach- sene mit kognitiven Beeinträchtigungen und schwersten Ver- haltensauffälligkei- ten. Diese Menschen benötigen eine star- ke Strukturierung ihres Erlebens und Verhaltens, die nun aber nicht über mehr Institutionalisierung und Disziplinierung versucht wird, sondern über mehr Dialog mit einem dafür geschulten Mitmenschen. Das ist eine Zumutung für beide Dialogpartner, für den in seiner Dialogfähigkeit schwer beeinträchtigten jungen Menschen ebenso wie für die Fachkraft, die ihre psychische Balance wahren muss. Das ist weiterhin eine Zumutung für die Psychiatrie und die Sozialpsychiatrie, so weit sie die Wirksamkeit geeigneter Modifikationen psychodynamischer Psychotherapie bei schweren und chronischen psychischen Erkrankungen noch nicht erfahren hat. Schließlich ist es auch eine Zumutung für den Kostenträger; denn die Kosten pro betreuter Person sind durch den dauernden Einsatz qualifi- Dr. med. Hermann Elgeti Externer Berater des Landes Vorarlberg Fachbereich Sozialpsychiatrie „Dieses Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zu einer gemeindepsychiatrischen Versorgung, die der Eman- zipation und Inklusion psy- chisch erkrankter Menschen verpflichtet ist.“ „Und da wagt in Vorarl­ berg ein Träger psy­ chotherapeutischer Leistungen eine sozial­ psychiatrische Intensiv­ betreuung bei Menschen, an denen sich sowohl die psychiatrische Klinik als auch Regelangebote sozi­ alpsychiatrischer Inte­ grationshilfen die Zähne ausgebissen haben.“

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