ifs_zeitschrift_sib_jubilaeum_16

10 Jahre SIB 8 Projekt dar, das mittlerweile ein Regelangebot in Vorarlberg und Tirol ist. Für eine junge, äußerst herausfordernde Klientin suchte Hermann Böckle ein Alternativkonzept zum bestehenden Betreu- ungsangebot der damals involvierten Einrichtung. Bis dahin war die junge Frau be- reits in verschiedenen Einrich- tungen betreut worden, in denen es jeweils zu Betreuungswechseln, Betreuungsabbrüchen und zu mul- tiplen Symptomen der Überforde- rung in den betreuenden Systemen kam. Dem zugrunde lag wahr- scheinlich die spezielle Herausfor- derung, die im Betreuungsalltag entsteht, wenn Menschen sowohl kognitive Beeinträchtigen wie auch psychiatrische Erkrankungen, in diesem Fall eine manifeste Persönlichkeitsstörung, haben. Zum Zeitpunkt der Anfrage lebte die Klientin in einer Kleingruppe in einer Behinderteneinrichtung. Nach einem Streit mit einer Betreuungsperson hatte sich die Klientin selbst angezündet und sich dabei sehr schwer verletzt. Die Einrichtung stieß mit der weiteren Betreuung an ihre absolute Grenze. Es wurde immer mehr zusätzliches Per- sonal zur Hilfe herangezogen. Letztlich blieb die Situation für alle Beteiligten trotzdem auf Dauer untragbar. Durch die zusätzlichen Helfer und Angebote stiegen die Betreuungskosten für diese eine Klientin immens. Denn neben den Kosten für ihre Unterbringung in der Behinderteneinrich- tung musste auch der Werkstattplatz, an welchem sie tagsüber betreut wurde, finanziert werden. Zusätzlich benötigte die Klientin sowohl in ihrer Wohngruppe als auch in der Werkstätte eine stän- dige 1:1 Betreuung. Somit fielen für die Klientin letztlich die vierfachen Kosten an. Dabei war die Aussicht auf eine positive Veränderung der Situa- tion sehr gering. Die Chance also, dass sich der Lei- densdruck dieser Klientin langfristig verringern und sie normal im Regelsetting leben würde, war selbst mit dieser enorm kostenaufwendigen Inter- vention minimal, sodass die reale Gefahr einer dauerhaften Unterbringung in einer geschlos- senen psychiatrischen Station im Raum stand. Die tragische Fallkonstellation dieser jungen Frau bewegte uns dazu, uns der großen Herausforde- rung zu stellen und das Konzept der Sozialpsychi- atrischen Individualbetreuung (SIB) zu entwickeln. „Nach einem Streit mit einer Betreuungsperson hatte sich die Klientin selbst angezündet und sich dabei sehr schwer verletzt.“

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