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Vorbild ist besser als Leitbild Ein Gespräch mit Gerhard Müller, dem Geschäftsführer von Müller Wohnbau in Altach Herr Müller, was war Ihre Motivation, einen integrativen Mitarbeiter einzustellen? Uns geht es als Unternehmen verhältnismäßig gut. Wir haben Aufträge und leistungsstarke, motivierte Mitarbeiter. Es sollen alle eine Chance bekommen. Gerade auch in der Krisenzeit nehmen wir diese Verantwortung sehr ernst und wollen auch jungen Menschen die Möglichkeit geben, eine Ausbildung zu machen. Niemand soll „übrig“ bleiben. Notfalls nehmen wir auch noch zusätz- liche Lehrlinge auf. Wir hatten immer schon einen Mitarbeiter mit Beeinträchtigung im Betrieb. Vor Armin war ebenfalls ein Klient von ifs Spagat bei uns. Als dieser uns aus eigenemWunsch verließ, fragte ich bei Spagat aktiv um einen „Nachfolger“ an. Als Gemeinwohl-Ökonomie-Betrieb überneh- men wir auch in diesem Bereich Verantwortung. Armin zeigt uns, was wirklich wichtig ist im Leben. Für uns ist das eine Win-win-Situation. Einerseits sind Sie imWettbewerb und stark gefordert, qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern, andererseits ist da die ganz eigene Welt eines jungen Mannes mit Autismus. Welche Erfahrungen machen Sie mit Armin? Armin arbeitet mit Begeisterung bei uns. Ich beo- bachte selber, wie er immer selbständiger wird und sich bei uns im Haus, z. B. bei der Erledigung eines Botendienstes, immer selbstbewusster und zielorientierter bewegt. Wie sind die Rückmeldungen der Mitarbeiter und Kunden? Durchwegs positiv. Armin ist da mit seinem ganzen Wesen und macht, was er kann. Er hat kei- nen Leistungsdruck und wird, seit er im Oktober 2016 seine Tätigkeit bei uns aufnahm, von seinem Mentor Renato im Lager mit viel Engagement begleitet. Wir sehen ihn als wertvollen Mitarbeiter, nicht problembehaftet. Oft höre ich von anderen: Wir haben ein Problem. Ich sage lieber: Wir finden Möglichkeiten. Armins Mentor zeigt, wie das gehen kann. Wie beurteilen Sie die gesellschaftlichen Rahmen- bedingungen bzw. die Akzeptanz von Menschen mit Beeinträchtigung? Eine Veränderung zum Positiven ist für mich feststellbar. Vor allem die Jungen sind viel aufge- schlossener. Und doch sehe ich, dass gerade die großen Unternehmen Menschen mit Beeinträchti- gung noch zu selten direkt in den Betrieb hinein- nehmen. Das Tempo ist hoch und da können sie nicht mithalten bzw. haben die Mitarbeiter in den Betrieben zu wenig Zeit für sie. Im Rahmen der Gemeinwohlökonomie steht nicht ein möglichst großer Finanzgewinn im Vordergrund, sondern die Steigerung des Gemeinwohls durch ökonomische, politische und gesellschaftliche Veränderungen. Das ist sicherlich auch für Menschen mit Beein- trächtigung eine gute Chance, Solidarität und Gerechtigkeit zu erfahren. Wir sind als relativ kleiner „Player“ auf diesemWeg und ich hoffe, dass sich immer mehr diesemWeg anschließen werden. Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Freude bei Ihrem vielfältigen Tun! Das Gespräch führte ifs Spagat Mitarbeiter Thomas Hebenstreit Mentor Renato Überbacher Was ich mit Armin an jedem Arbeitstag erlebe, ist immer wieder neu und großartig. Armin kommt jeden Tag strahlend zu mir ins Lager. Seit ich mit Armin so eng zusammenarbeite, schätze ich das Leben ganz neu. Armin ist eine große Bereiche- rung für die Firma, für mich und generell für alle, die zu uns ins Lager kommen. Wir beide sind ein tolles Team. 20 Jahre Spagat 20

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